Windenergie ist in vielen Ländern ein zentraler Bestandteil der Dekarbonisierung. Die weltweit installierte Windenergiekapazität an Land und auf See hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten um fast das 75-Fache erhöht. Deutschland und Großbritannien gehören dabei zu den weltweiten Spitzenreitern der installierten Windstrom-Kapazität. Doch aufgrund von Netzengpässen kann überschüssige Windenergie in Deutschland oftmals nicht abtransportiert werden. Windkraftanlagen müssen daher regelmäßig abgeschaltet werden (sog. Abregelung), andernfalls könnte es zu einer Überlastung des Netzes und im schlimmsten Fall zu einem Stromausfall kommen. Um diese Verschwendung an Energie und die kostspielige Abregelung künftig zu vermeiden, wird die Stromverbindung NeuConnect den überschüssigen Strom von Deutschland nach Großbritannien transportieren, bei Bedarf auch andersherum. Langfristig profitieren so beide Länder vom Zugang zu einem vielfältigeren und nachhaltigeren Energiemix sowie von der erhöhten Resilienz. Das sorgt für mehr Versorgungssicherheit und Flexibilität in der Stromversorgung.
„Wenn wir den Umstieg auf erneuerbare Energien schnell, sicher und bezahlbar schaffen wollen, können wir es uns nicht länger leisten, dass Windenergie aufgrund von Netzengpässen abgeregelt und der Bedarf anderswo durch fossile Stromerzeugung gedeckt werden muss“, sagt Tim Holt, Mitglied des Vorstands von Siemens Energy. „Die Stromverbindung zwischen Deutschland und Großbritannien steht für die zunehmende Integration des europäischen Strommarktes. Effiziente und grenzüberschreitende Stromverbindungen vereinen die Länder in ihren Bemühungen um Dekarbonisierung. Sie sind das perfekte Beispiel dafür, dass wir die Energiewende nur gemeinsam schaffen können.“
Um die beiden Stromnetze zu verbinden, wird Siemens Energy zwei schlüsselfertige HGÜ-Konverterstationen errichten – eine in der Region Isle of Grain, die andere in der Region Wilhelmshaven in Niedersachsen. Die Konverterstation auf der einen Seite der Verbindung wandelt Wechsel- in Gleichspannung, damit die Energie möglichst verlustarm übertragen werden kann. Über ein 720 Kilometer langes HGÜ-Seekabelsystem der Firma Prysmian wird der Strom dann durch britische, niederländische und deutsche Gewässer transportiert. Die andere Konverterstation wandelt die Gleichspannung wieder zurück in Wechselspannung, damit die Energie über das nationale Netz in die Steckdosen der Verbraucher gebracht werden kann. Das HVDC-PLUS-System von Siemens Energy wird neben der Energieübertragung weitere wichtige Funktionen im Netz übernehmen: Es kann die Wechselspannung regeln und damit schwache Wechselstromnetze stabilisieren. Im Fehlerfall kann es abgeschaltete Netzsegmente wieder hochfahren. Wie eine Firewall beim Computer verhindert das HGÜ-System bei einer Störung im Netz, dass sich das Problem per Domino-Effekt auf weitere Teile des Netzes ausbreitet.
Die Europäische Kommission unterstützt das grenzüberschreitende Infrastrukturprojekt, da es die Dekarbonisierung im Sinne des Pariser Abkommens fördert. Mit Fertigstellung des Projekts ist Mitte dieses Jahrzehnts zu rechnen.